Villány ist die südlichste Weinregion Ungarns und gilt weiterhin als Epizentrum für ungarischen Rotwein, wenngleich der Nachbar Szekszárd aufholt. Das Klima in Villány ist stärker mediterran geprägt als in den meisten anderen Landesteilen. Manche Hänge (Kopár, Ördögárok) sind so warm, dass der Stil der dort erzeugten Weine mit dem aus Süditalien oder Spanien vergleichbar ist.
Hier anzukommen fühlt sich gut an. Die schwäbischen Familien der Region sind für ihre präzise und harte Arbeit bekannt, was sich in den sauberen und schmucken Dörfern sowie der einladenden Atmosphäre der Region zeigt. Die Rebstöcke sind gut gepflegt und stehen in sorgfältig kultivierten geordneten Reihen nebeneinander. Die Winzer gehen hier kaum Risiken mit ihrem hart erkämpften Ertrag ein. Die Weine sind berechenbar und von zuverlässig guter Qualität. Nur schwerlich findet man einen Winzer, der bereit ist, vom ausgetretenen Weg abzuweichen, Risiken einzugehen und etwas Anderes zu versuchen. Deshalb beginnt kaum jemand, Weine biodynamisch oder biologisch zu erzeugen.
Kürzlich besuchten wir zwei Weingüter in Villány, die unsere Aufmerksamkeit erregten: Hummel und Wassmann. Sie erzeugen ihre Weine biologisch, verwenden natürliche Techniken und die Weine schmecken toll. Im Gegensatz zu den aus Villány bekannten Weinen mit hohem Gehalt an Alkohol und Tanninen sind diese Weine fragil und empfindlich, haben aber dennoch eine feste Struktur. Sie sind voller Lebendigkeit und Spannung mit einem langen und nachklingenden Abgang. Es stellte sich heraus, dass beide Winzer aus Deutschland stammen und sogar gute Freunde sind. Das ist alles, was wir wissen mussten!
Nachdem wir sie bereits in Berlin getroffen hatten, wollten wir sie direkt in Villány besuchen und besser kennenlernen. Daraus entwickelte sich ein 7-stündiges Gespräch mit einem köstlichen Dinner, so dass unsere Heimfahrt bei defektem Scheinwerfer ziemlich im Dunkeln verlief. Nun möchten wir euch die Weingüter Wassmann und Hummel vorstellen!
Weingut Wassmann
Im Jahr 1910 hatte Pécsdevecser 313 Einwohner, wovon 298 Deutsche und nur wenige Ungarn waren. Heute leben hier etwa 80 Leute, aber nur noch die Hälfte davon ist deutscher Abstammung. Am Ortseingang begrüßt eine typisch schwäbische Dorfszene: längliche, alte Häuser mit verglasten Terrassen säumen die einzige Straße des Dorfes, bellende Hunde, krähende Hähne und ein alter Kirchturm mit Glocken, die bisweilen läuten. Pécsdevecser ist ein ruhiger kleiner Ort im Süden Ungarns, wo praktisch nichts Nennenswertes passiert. Fast nichts, außer dass sich in diesem kleinen Dorf das Weingut Wassmann befindet – das erste biodynamische und Bio-Weingut in der Weinregion Villány.
Susann und Ralf zogen 1998 hierher und sind glückliche Eigentümer des Weingutes. Während beide so ruhig wie ihr Dorf wirken, werden sie plötzlich aufgeregt, sobald wir über Wein reden. Susann ist für alle Arbeiten im Hintergrund zuständig, während sich Ralf um den Weinberg und das Weingut kümmert. Entscheidungen treffen beide gemeinsam.
„Wenn ihr ins Dorf kommt, steht links ein blauer Zaun. Das ist unserer“, sagte Susann am Telefon in klarem Ungarisch, gefärbt mit einem heiteren deutschen Akzent. Ein guter alter Skoda parkt in der Einfahrt, Kater Mirkó schläft friedlich auf der Veranda und die gesamte Szenerie mutet genau so an, wie man sich ein biodynamisches Weingut mit zwei Hektar Größe vorstellen würde.
Die Gelassenheit des Weingutes schimmert auch in ihren Weinen. Langsam nehmen andere davon Notiz. Seit 2009 helfen sie anderen Weingütern der Region Villány bei der Umstellung von konventionellen auf biodynamische Methoden. Auf ihrer winzigen Parzelle kultivieren sie eine Vielzahl von Rebsorten. Sie sagen, sie wollen keine weiteren Flächen erwerben: die 2 Hektar sind alles, was sie brauchen. Sie wirken zufrieden und glücklich, wie Leute, die sich an der Natur erfreuen, am Keltern von Wein und an den Unternehmungen anderer.
Weingut Hummel
Als wir abends beim Haus von Horst Hummel in Villány ankamen, war ich gespannt. Während Susann und Ralf vom Weingut Wassmann ihr Bestes taten, um die Dinge aufzulockern, kam ich hier zu einem strengen deutschen Rechtsanwalt mit Brille für ein geschäftliches Treffen. Ich erwartete nicht einen typischen Besuch eines Weingutes, und ich bekam ihn auch nicht. Weit entfernt davon.
Beim Eintreten in das alte Haus in Villány fanden wir uns in einer ziemlich großen Küche wieder, die sich als Lebensmittelpunkt des Hauses herausstellte. Etwas köchelte behutsam auf dem Ofen und ein delikater Duft erfüllte den Raum. Gewürze, Früchte, Schüsseln, alte Küchengegenstände, niedergebrannte Kerzen und allerlei Gerätschaften rundherum. Es lag eine etwas abgenutzte aber warme Energie in der Luft und man konnte nahezu all die unzähligen Gespräche hören und Dinner spüren, die wohl im Gemäuer dieses Hauses aufgesogen waren.
Die Gespräche mit Horst sind anregend. Er ist ein offener, ehrlicher und intellektueller Typ. Seine Themen sind manchmal philosophisch, das Lachen natürlich und ehrlich. Ein Abend in Villány mit Hummel und den Wassmanns ist eher so, als säße man zwischen modernen Künstlern und nicht bei einem deutschen Rechtsanwalt, Marketingexperten und Bioingenieur. Horst ist wie ein Künstler, der beobachtet, fühlt, experimentiert und jeden Moment lebt. Er ist ein mutiger und tapferer Träumer. Seine Weine sind ebenfalls unkonventionell, sie sind spannend, voll Lebendigkeit und Energie und lassen sich nicht in die bekannte Weinauswahl von Villány einordnen. –Gábor
Horst Hummel kultiviert rote Rebsorten auf seinen 7,5 Hektar Land und kauft kleine Mengen weißer Trauben dazu. Sein Weingut arbeitet seit 2008 biologisch. In seinem kleinen Weingut erzeugt er ein großes Sortiment, so dass es kaum möglich ist, alle Weine davon aufzuzählen. Für uns stachen seine Portugieser am meisten heraus, sowohl in Berlin als auch in Villány. Horst keltert Weine aus dieser Rebsorte wie niemand sonst in Villány, und sie sind definitiv unsere Favoriten für den BorStore. Unserem Angebot haben wir zwei davon hinzugefügt und freuen uns darauf, Horst bei seinem weiteren Abenteuer zu folgen.