Naturwein ist in Weinbars und Restaurants auf der ganzen Welt zu einem Schlagwort geworden, und viele fragen sich: Ist das nur ein Trend, oder steckt mehr dahinter? Und was ist mit Ungarn – hat dieses Land seine eigene Naturweinbewegung?
Ist nicht jeder Wein natürlich?
Im Grunde ja, aber bei der modernen Weinherstellung werden oft verschiedene Techniken, Zusatzstoffe und Verfahren eingesetzt, um die Produktion effizienter zu gestalten. Diese Methoden sind zwar praktisch, können dem Wein aber manchmal seine Individualität nehmen und zu allgemeineren Geschmacksrichtungen führen. Bei Naturwein hingegen geht es um minimale Eingriffe. Es gibt zwar keine offizielle Definition, aber die Idee ist, der Natur ihren Lauf zu lassen, indem die Winzer auf moderne Zusatzstoffe, künstliche Hefen und schwere Maschinen verzichten.
Naturweine werden oft aus ökologisch angebauten Trauben und mit wenig oder gar keinen Sulfiten hergestellt. Der Schwerpunkt liegt in der Regel auf einheimischen Rebsorten und traditionellen Weinbereitungsmethoden. Das Ergebnis kann unglaublich vielfältig sein – einige Weine sind auffallend einzigartig und sehr ausdrucksstark für ihr Terroir, während andere für diejenigen, die an konventionellere Weine gewöhnt sind, vielleicht etwas ungewöhnlich oder „funky“ erscheinen.
Der ungarische Kontext: Eine andere Ausgangssituation
In vielen etablierten Weinregionen wie Frankreich oder Italien hat die natürliche Weinbereitung eine Kluft zwischen traditionellen und natürlichen Erzeugern geschaffen. In Ungarn ist die Situation aufgrund der Geschichte des Landes und seiner Weinbautraditionen einzigartig. Unter der kommunistischen Herrschaft hinterließ die industrielle Großproduktion ein saures Erbe, und seit den 1990er Jahren haben sich die ungarischen Winzer auf kleinere Erträge und handwerklichere Techniken verlegt. Dies geschah nicht, um Trends hinterherzulaufen, sondern um die Qualität und Identität des ungarischen Weins wiederherzustellen.
Außerdem sind viele ungarische Weingüter im weltweiten Vergleich klein, was bedeutet, dass sie sich auf die Herstellung hochwertiger Weine verlassen, die das einzigartige Terroir ihrer Region widerspiegeln. Dies führt natürlich zu weniger Eingriffen im Weinberg und im Keller. Angesichts des Klimawandels, der neue Herausforderungen mit sich bringt, stellen viele Winzer fest, dass ökologische und eingriffsarme Verfahren nicht nur eine Wahl, sondern eine Notwendigkeit sind.
Ungarns Naturwein-Revolution
In den letzten Jahren hat sich Ungarns Naturweinszene bemerkenswert entwickelt. Weinkellereien wie Kristinus produzieren jetzt in relativ großem Umfang frische, saubere Weine und halten sich dabei eng an die Grundsätze der natürlichen Weinbereitung. Etablierte Namen wie Vylyan experimentieren mit Pet Nats, Amphoren und natürlichen Techniken, während Etyeki Kúria sich in die Welt des Orangeweins und mehr vertieft hat.
Zoltán Heimann Jr. vom renommierten Weingut der Familie Heimann stellt unter der Untermarke Heimann & Söhne Naturweine aus traditionellen ungarischen Sorten wie Kadarka und Kékfrankos her. Sogar Tokaj, die traditionellste Weinregion Ungarns, hat sich dem Trend angeschlossen. Erzeuger wie Szóló und Attila Homonna bieten Naturweine an, die die Grenzen des langjährigen Rufs der Region erweitern.
Eine besonders spannende Entwicklung ist der Aufstieg von Winzern mit internationalen Wurzeln. Deutsche Winzer wie Hummel und Piros Béka erlangen mit ihren Naturweinen Kultstatus und bringen eine neue Perspektive in die ungarische Weinlandschaft. Gleichzeitig stellen immer mehr Weingüter im ganzen Land auf biologischen Anbau um oder übernehmen natürliche Techniken als Teil einer breiteren Bewegung in Richtung Nachhaltigkeit.
Es ist wichtig zu wissen, dass es in Ungarn schon lange Winzer wie Endre Szászi und Imre Györgykovács gibt, die im Stillen handwerklich hergestellte Weine in kleinen Mengen und mit minimalen Eingriffen produzieren, lange bevor die Bewegung für natürliche Weine in Schwung kam. Diese Winzer haben sich immer auf Qualität, Reinheit und einen tiefen Respekt für ihre Weinberge konzentriert, aber ihre Weine wurden nicht als „natürlich“ bezeichnet. Stattdessen folgten sie einfach traditionellen Methoden, um das Beste aus ihren Trauben und ihrem Terroir herauszuholen, und arbeiteten unabhängig von der breiteren Naturweinszene. Ihre Hingabe an die Handwerkskunst ist seit Jahrzehnten Teil des ungarischen Weinerbes.
Was kommt als Nächstes?
Obwohl wir uns schon immer für handwerklich hergestellte Weine in kleinen Mengen eingesetzt haben, sind wir dem Hype um den „natürlichen Wein“ mit Vorsicht begegnet. Viele ungarische Winzer produzieren seit Jahren reine, saubere Weine mit minimalen Eingriffen, ohne sie als „natürlich“ zu bezeichnen. Für sie geht es einfach darum, den bestmöglichen Wein herzustellen. Ihre Weine passen vielleicht nicht immer in den Naturwein-Trend, aber sie bleiben dem Boden, dem Klima und den Traditionen Ungarns treu.
Abgesehen davon hat die Naturweinbewegung der ungarischen Weinszene unbestreitbar neue Energie verliehen. Sie hat zum Experimentieren ermutigt und die Möglichkeiten für einheimische Rebsorten und regionale Stile ausgeweitet. Wenn wir diese spannenden Entwicklungen weiter erforschen, werden wir mehr unkonventionelle, natürliche Weine in unser Sortiment aufnehmen. Doch ganz gleich, wie ein Wein hergestellt wird, unser Leitsatz bleibt derselbe: Wein ist letztlich dazu da, um genossen zu werden.
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