Ungarische Weingeschichte

Ungarn hat Jahrhunderten von Weintradition, und im Mittelalter war ungarischer Wein europaweit beliebt. Wo sind die Weine heute?

In Ungarn wird schon seit sehr langer Zeit Wein erzeugt: Bereits die Römer brachten vor mehr als 2000 Jahren Weinreben nach Ungarn. Im Mittelalter entwickelte sich Ungarn zu einem wichtigen Weinexporteur. Vor allem die Süßweine aus Tokaj wurden an den Königshöfen in Europa beliebt. Zudem war Tokaj nach Porto die zweite Region überhaupt, die 1731 nach Qualitäten klassifiziert wurde. Die Winzer in Tokaj zitieren gerne den französischen König Ludwig XIV., der vom „König der Weine, Wein der Könige“ sprach. Heute sind ungarische Weine weitgehend unbekannt, selbst unter Weinliebhabern.

 

Was ist geschehen? Gibt es heute guten Wein in Ungarn? Die zweite Frage lässt sich definitiv mit Ja beantworten. Das war aber lange Zeit im 20. Jahrhundert nicht der Fall. Kurz nachdem der Zweite Weltkrieg das Land und auch seinen Weinbau verwüstet hatte, kam Ungarn unter kommunistische Herrschaft. Kleine Weingüter wurden in staatliche Weinfabriken integriert, die sich alleinig darauf konzentrierten, so viel wie möglich zu produzieren. Die Erzeugung von Qualitätswein war im Wesentlichen verschwunden.

 

 

Nach dem Ende des Kommunismus 1989 begannen die Winzer, ihre Weinregionen, Rebsorten und Traditionen wiederzuentdecken. Die nächsten 20 Jahre gehörten vielfach Experimenten, um die Weinbereitung in Ungarn auf den aktuellen Stand für die heutigen Kunden zu bringen. Die wahren Veränderungen geschahen aber erst in den letzten paar Jahren, weil nun eine neue Generation junger Winzer herangewachsen ist und so allmählich in vielen kleinen Weingütern Ungarns ans Ruder kommt. Auf der einen Seite achten sie zunehmend auf ihre lokalen Traditionen, Rebsorten und Weinstile und wenden sich natürlichen und biologischen Techniken zu. Viele dieser jungen Winzer sind um die Welt gereist und haben bei einigen der besten Weingüter der Welt gelernt. Sie sind mit einer offenen Einstellung nach Ungarn zurückgekehrt, bereit zu experimentieren und neue Techniken auszuprobieren. Jetzt wollen sie moderne Technologie mit tausendjähriger Tradition verbinden. Dabei sind in den letzten Jahren einige phantastische Weine entstanden. Der ungarische Wein ist nun auf bestem Weg, seine einstige Popularität zurückzugewinnen.

 

Warum erbringen ungarische Böden überhaupt gute Weine?

Für die Antwort müssen wir in der Zeit etwas zurückgehen, weil Ungarn vor langer, langer Zeit ein Meer hatte. In der Tat war Ungarn selbst größtenteils ein Meer. Vor 10 Millionen Jahren bedeckte das Pannonische Meer den größten Teil des heutigen Ungarn. Nachdem es vor rund 500.000 Jahren ausgetrocknet ist, verblieben große Mengen an Mineralien und Nährstoffen im Boden.

Haben wir schon all die Vulkane erwähnt? Ungarn war und ist ein Nährboden geologischer Aktivität mit Vulkanen, die über Jahrmillionen Lavaschichten ausgespien haben, wodurch Gebirgsketten mit reichhaltigen vulkanischen Böden entstanden sind. (Neben großartigen Weingütern verdanken wir der geothermischen Aktivität auch die Thermalbäder in Budapest und im ganzen Land.)

Das Land befindet sich aber auch genau an der richtigen Stelle: Trauben erhalten eine gute Portion Sonnenschein, ohne dass es zu heiß wird. Viele wichtige Gebirgszüge Europas grenzen an Ungarn – von den Alpen über die Tatra bis zum Karpatenbogen, während im Süden das Balkan beginnt. Wie die meisten der weltweit besten Weinregionen befinden sich die wichtigen Weinregionen Ungarns an Bergen oder Neigungen in der Nähe wichtiger Flüsse oder Seen wie der Donau, der Theiß oder Bodrog sowie den Seen Balaton (Plattensee) und Neusiedlersee.

Warum kann ich aber kaum einen guten ungarischen Wein finden?

Du hast vielleicht gerade die vorigen Abschnitte gelesen und denkst, „Wenn ungarischer Wein so toll ist, warum ist er nicht in den Geschäften zu finden?“ Noch schlimmer: Vielleicht hast du kürzlich eine ungarische Flasche gekauft und warst davon enttäuscht. Der Hauptgrund ist, dass die meisten ungarischen Weingüter, die guten Wein erzeugen, sehr, sehr klein sind. Die Weingüter haben eine durchschnittliche Größe irgendwo zwischen 10 und 50 Hektar, einige der besten Winzer haben lediglich 5 Hektar oder noch weniger. Abgesehen von ein paar Ausnahmen haben lediglich die ehemaligen staatlichen Winzergenossenschaften eine ausreichende Produktion für den Export. Deren Weinqualität lässt jedoch häufig noch zu wünschen.

 

Die besten kleinen Weingüter haben einfach keine großen Mengen. Bei der in Ungarn mittlerweile boomenden Weinszene verkaufen die meisten ihren Wein zu Hause. Wir möchten nun, dass jeder diese tollen Weine kosten kann und engagieren uns dafür, diese neuen Seiten der ungarischen Weinerzeugung zu präsentieren. Deshalb haben wir uns entschlossen, einige der besten Weine Ungarns zusammenzutragen und diese talentierten Winzer ins Rampenlicht zu rücken.